Учебное пособие по немецкому языку москва, 2006 Шлыкова В. В., Зиньковская М. Д. Учебное пособие по немецкому языку


XVI. Geben Sie das Gespräch zwischen Louise Meunier und Ihrer Freundin Annette Villard, wieder



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XVI. Geben Sie das Gespräch zwischen Louise Meunier und Ihrer Freundin Annette Villard, wieder.

Grammatik
Der Konjunktiv
Der Konjunktiv bezeichnet das Unwirkliche und das Wirkliche. Im Konjunktiv hat das Verb dieselben Zeitformen wie im Indikativ. Außerdem gehört dazu der Konditionalis I.
Bildung der Zeitformen des Konjunktivs

Das Kennzeichen des Konjunktivs ist das Suffix -e im Präsens und Präteritum. Die 1. Person und die 3. Person Singular hat keine Endung.


Präsens Konjunktiv
Der Konjunktiv des Präsens wird vom Infinitivstamm gebildet. Die starken Verben sowie die Verben haben, sein, werden und die Modalverben ändern den Stammvokal nicht.






sagen

schlafen

sehen

haben

sein

werden

können

Ich

sage

schlafe

sehe

habe

sei

werde

könne

Du

sagest

schlafest

sehest

habest

sei(e)st

werdest

könnest

Er

sage

schlafe

sehe

habe

sei

werde

könne

Wir

sagen

schlafen

sehen

haben

seien

werden

können

Ihr

saget

schlafet

sehet

habet

seiet

werdet

könnet

Sie

sagen

schlafen

sehen

haben

seien

werden

können


Präteritum Konjunktiv
Der Konjunktiv des Präteritums wird von der 2. Grundform des Verbes gebildet. Die starken Verben mit den Stammvokalen a, o, u, sowie die Verben haben, sein, werden und die Modalverben erhalten den Umlaut.

Die Formen des Präteritums Konjunktiv der schwachen Verben stimmen mit den Formen des Präteritums Indikativ überein.




Ich

sagte

schliefe

sähe

hätte

wäre

würde

könnte

Du

sagtest

schliefest

sähest

hättest

wärest

würdest

könntest

Er

sagte

schliefe

sähe

hätte

wäre

würde

könnte

Wir

sagten

schliefen

sähen

hätten

wären

würden

könnten

Ihr

sagtet

schliefet

sähet

hättet

wäret

würdet

könntet

Sie

sagten

schliefen

sähen

hätten

wären

würden

könnten

Präteritum Konjunktiv der gemischten Verben


kennen – kennte brennen - brennte nennen – nennte

wenden – wendete senden – sendete bringen - brächte


Perfekt Konjunktiv
Der Konjunktiv des Perfekts wird mit dem Hilfsverb haben bzw. sein im Präsens Konjunktiv und dem Partizip II des entsprechenden Verbs gebildet, z. В.: Er habe geschrieben. Er sei gekommen.
Plusquamperfekt Konjunktiv
Im Plusquamperfekt Konjunktiv steht das Hilfsverb haben bzw. sein im Präteritum Konjunktiv, z. В.: Er hätte geschrieben. Er wäre gekommen.
Futur I Konjunktiv
Der Konjunktiv des Futur I wird mit dem Hilfsverb werden im Präsens Konjunktiv und dem Infinitiv I des entsprechenden Verbs gebildet, z. В.: Er werde kommen.
Konditionalis I
Der Konditionalis I wird mit dem Hilfsverb werden im Präteritum Konjunktiv und dem Infinitiv I des entsprechenden Verbs gebildet, z. В.: Er würde kommen.

Bedeutung und Gebrauch des Konjunktivs
Der Konjunktiv hat seinen Zeitcharakter verloren. Der Konjunktiv des Präteritums hat keine Vergangenheitsbedeutung mehr und bezeichnet einen gegenwärtigen bzw. zukünftigen Vorgang, z. В.: Ich könnte dir (jetzt) helfen. Я мог бы тебе помочь.

Im Nebensatz bezeichnet der Konjunktiv des Präsens und des Präteritums die Gleichzeitigkeit der Handlung mit der im Hauptsatz, z. В.: Er sagt (sagte) t er sei (wäre) krank. Он говорит (сказал), что он болен.

Die Vorzeitigkeit der Handlung des Nebensatzes drückt man aus durch

1) den Konjunktiv des Perfekts, z. В.: Er sagt (sagte), dass er alle Prüfungen gut abgelegt habe. Он говорит (сказал), что он сдал все экзамены.

2) den Konjunktiv des Plusquamperfekts, z. В.: Wenn ich ein Tetegramm von ihm erhalten hätte, könnte ich ihn heute von der Bahn abholen. Если бы я получил от него телеграмму, я бы смог встретить его сегодня на вокзале.

Man unterscheidet den Konjunktiv I und den Konjunktiv II. Unter Konjunktiv I versteht man die Konjunktive des Präsens, des Perfekts und des Futur I, unter Konjunktiv II die Konjunktive des Präteritums und des Plusquamperfekts.



Indirekte Rede
Der Konjunktiv in der indirekten Rede bezeichnet das Wirkliche.

Gebrauch der Zeitformen des Konjunktivs in der indirekten Rede




Zeitverhältnis

Zeitformen im Nebensatz



Konjunktiv I

(2. und 3. Pers. Sg.,

2. Pers. Pl.)


Konjunktiv II

(1. Pers. Sg;

1. und 3. Pers. Pl.)


Gleichzeitigkeit

Präsens Konjunktiv

Prateritum Konjunktiv

Vorzeitigkeit

Perfekt Konjunktiv

Plusquamperfekt Konjunktiv

Nachzeitigkeit

Futur I Konjunktiv

Konditionalis I

Zum Ausdruck der Gleichzeitigkeit dient der Konjunktiv des Präsens. Wenn die Formen des Konjunktivs und des Indikativs zusammenfallen, wird der Konjunktiv des Präteritums gebraucht. Er sagte mir, er schreibe sein Referat. Он сказал мне, что пишет доклад. Sie sagten mir, dass sie keine Zeit (jetzt) hätten. Они сказали мне, что у них нет времени.

Zum Ausdruck der Vorzeitigkeit dient der Konjunktiv des Perfekts. Wenn die Formen des Konjunktivs und des Indikativs zusammenfallen, wird der Konjunktiv des Plusquamperfekts gebraucht. Er sagte mir, er habe seine letzte Arbeit gut geschrieben. Он сказал мне, что хорошо написал свою последнюю работу. Er sagte mir, die Studenten hätten die Arbeit gut geschrieben. Он сказал мне, что студенты хорошо написали работу.

Zum Ausdruck der Nachzeitigkeit dient der Konjunktiv des Futur I. Wenn die Formen des Konjunktivs und des Indikativs zusammenfallen, wird der Konditionalis I gebraucht. Er sagte mir, er werde morgen keine Zeit haben. Он сказал мне, что завтра у него не будет времени. Sie sagten mir, sie würden an einem interessanten Thema arbeiten. Они сказали мне, что они будут работать над интересной темой.


Anmerkung I: In der Umgangssprache werden in den konjunktionslosen Nebensätzen auch der Konjunktiv II und der Konditionalis gebraucht, z. B.: Er sagte, seine Schwester wäre bereits gekommen. Er sagte, er wäre sehr müde. Er sagte, er würde es schon schaffen.

Anmerkung II: In den konjunktionslosen Nebensätzen kann auch der Indikativ gebraucht werden (siehe Lektion I, Abschnitt I B).

Anmerkung III: Nach den Verben des Sagens, Hoffens, Erwartens, Versprechens u. a. im Präsens, besonders wenn sie in der 1. Person Singular oder Plural stehen, wird meist der Indikativ gebraucht, z. В.: Ich glaube (hoffe, meine, vermute, wünsche, bin sicher), dass er recht hat (er hat Recht).
Indirekte Frage
In der indirekten Frage werden dieselben Zeitformen des Konjunktivs gebraucht wie in der indirekten Rede. Ich fragte ihn, ob er mit seinem Referat fertig sei. (Gleichzeitigkeit) Ich fragte ihn, wann er sein Referat geschrieben habe. (Vorzeitigkeit) Ich fragte ihn, wann er sein Referat schreiben werde. (Nachzeitigkeit)

Die indirekte Bitte drückt man mit Hilfe des Modalverbs mögen aus, z. В.: Ich bat ihn, er möge mich heute anrufen. Я попросил его, чтобы он мне сегодня позвонил. Er bat seine Freunde, sie möchten ihn vom Bahnhof abholen. Он попросил своих друзей, чтобы они встретили его на вокзале. Der indirekte Befehl wird mit Hilfe des Modalverbes sollen ausgedrückt, z. В.: Ich habe ihm gesagt, er solle mir heute Bescheid geben. Я ему сказал, чтобы он мне сегодня дал ответ.



Grammatische Übungen
I. Lernen Sie die Grammatik: Bildung der Zeitformen des Konjunktivs, Konjunktiv in der indirekten Rede und in der indirekten Frage.
II. Konjugieren Sie folgende Verben: sprechen, tragen, haben, sein, werden, dürfen, mögen, sollen im Präsens und Präteritum des Konjunktivs.
III. Konjugieren Sie die Verben: fahren, halten, wollen in allen zusammengesetzten Zeitformen des Konjunktivs.
IV. Bestimmen Sie die Zeitformen des Konjunktivs im Text und erklären Sie deren Gebrauch.
V. Setzen Sie das Verb in den nachfolgenden Sätzen in den Konjunktiv.
Gleichzeitigkeit. I. Er sagt, er (sein) jetzt sehr beschäftigt. 2. Die Studenten sagen, sie (haben) keine Angst vor den Prüfungen. 3. Sie sagen, sie (können) den Inhalt des Buches nur in großen Zügen schildern. 4.Mein Freund sagt, er (teilen) meine Meinung nicht. 5. Der Fahrgast sagt, er (aussteigen) an der nächsten Station. 6. Meine Tante sagt, sie (mitmachen) den Ausflug ins Grüne. 7. Meine Schwester sagte, sie (unterrichten) Deutsch an einer Hochschule. 8. Viktor sagt, er (wohnen) bei seinem Onkel. 9. Meine Schwester schrieb, sie (sich erholen) am Schwarzen Meer. 10. Sein Bruder sagte, er (betreuen) zur Zeit eine Delegation. 11. Der Kollege sagt, er (sein) hier dienstlich. 12. Die Studenten sagen, sie (vorhaben) einen Kinobesuch. 13. Ein Bekannter von mir sagte, das Berliner Ensemble (geben) seit gestern in Moskau Gastspiele.

Vorzeitigkeit. 1. Mein Kollege sagte, der Direktor (verreisen) dienstlich. 2. Monika sagte, sie (geschenkt bekommen) zu ihrem Geburtstag einen MP3-Player. 3. Helga sagte, ihr Großvater (fallen) an der Front. 4. Viktor sagte, mit den Fahrkarten (klappen) es doch. 5. Er sagt, alle Kongressteilnehmer (ankommen) bereits. 6. Unser Gruppenältester sagt, die Studenten (besprechen) in der Versammlung viele Fragen. 7. Unser Lehrer sagte, er (sprechen) den Text Nr. 2. aufs Tonband. 8. Die Studenten erzählten, sie (sich ansehen) einen neuen Farbfilm. 9. Mein Bruder sagt, sein Freund (fahren) zur Leipziger Messe. 10. Sie erzählte, sie (kaufen) moderne Möbel für ihre neue Wohnung. 11. Der Student sagt, er (besuchen) gestern Abend seinen kranken Freund. 12. Die Bibliothekarin sagt, sie (ausleihen) das Buch vor 3 Tagen. 13. Der Betreuer sagt, er (unterbringen) die ausländischen Gäste im Hotel Minsk. 14. Er sagte, man (verleihen) ihm einen Orden.

Nachzeitigkeit. 1. Er sagt, er (sich entschuldigen) bei ihm. 2. Erna sagte, sie (betreuen) im Sommer eine österreichische Delegation. 3. Mein Freund sagt, er (bitten) sie nie mehr um etwas. 4. Mein Onkel sagt, er (machen) bald seinen Doktor. 5. Seine Schwester sagte, sie (schreiben) mir alle zwei Tage. 6. Alex sagte, er (erinnern) uns an unsere Verabredung. 7. Viktor sagt, er (abschließen) sein Studium im nächsten Jahr. 8. Erich sagt, er (sich aufhalten) in Berlin ein Paar Tage. 9. Marie sagt, sie (kommen) auf einen Tag. 10. Unser Gruppenältester sagt, er (sich kümmern) um Theaterkarten.
VI. Setzen Sie das Verb in den folgenden Sätzen in den Konjunktiv.

Gleichzeitigkeit

1. Der Fahrgast fragt, ob der Platz frei (sein). 2. Ich fragte meine Schwester, wie sie an der Aussprache (arbeiten). 3. Ich fragte einen Fahrgast, ob der Zug nach Schwerin (fahren). 4. Der Student fragte mich, ob die Versammlung heute (stattfinden). 5. Wir fragten unseren ausländischen Gast, ob er zum erstenmal in Moskau (sein). 6. Ein Ausländer fragte mich, wie er zum Gagarin-Platz (kommen). 7. Ich fragte meine Schwester, wann sie aufs Land (fahren). 8. Ich fragte die Studenten, wer heute in der Versammlung (sprechen). 9. Wir fragten unseren Gruppenältesten, ob er heute einen Vortrag (halten). 10. Wir fragten unseren Kollegen, wann er in Urlaub (gehen).



Vorzeitigkeit

1. Wir fragten unsere Gäste, ob sie die Stadt (besichtigen) und ob sie ihnen gut (gefallen). 2. Ich fragte meinen Freund, wann er nach Moskau (zurückkommen). 3. Unser Lektor fragte, ob jemand von den Studenten an der Konferenz (teilnehmen). 4. Mein Freund fragte mich, ob mir der Fernsehfilm gut (gefallen). 5. Der Lehrer fragte die Studenten, ob sie im Sprachlabor (arbeiten). 6. Die Studenten fragten den Lehrer, ob er den Text Nr. 2. aufs Tonband (sprechen). 7. Ich fragte meinen Freund, ob er meine Bitte (erfüllen). 8. Der Lehrer fragte seine Studenten, ob sie im Sommer auf der Krim (sein). 9. Wir fragten unseren Kollegen, ob er einen Brief von seinem Sohn aus der BRD (erhalten). 10. Ich fragte meinen Freund, ob er alle Prüfungen (ablegen).



Nachzeitigkeit

1. Viktor fragte seinen Freund, ob er ihm (schreiben). 2. Er fragte seine Schwester, ob sie für ihn (kochen), wenn seine Frau verreist. 3. Wir fragten ihn, ob er auch in diesem Sommer als Dolmetscher (arbeiten). 4. Er fragte seinen Chef, wer die Delegation zur Bahn (bringen). 5. Wir fragten den Dekan, wer unsere Gruppe (prüfen).


VII. Verwandeln Sie die direkte Rede in die indirekte Rede, verwenden Sie dabei den Konjunktiv:
1) Annette sagte zu ihrer Freundin: „Ich arbeite in einem Hotel als Aufräumefrau. Im Hotel wohnte ein Mann mit seinem 12jährigen Jungen. Alle haben ihn für einen Elsässer gehalten, er ist aber Deutscher. Einmal kam die Gestapo und verhaftete den Mann. Der Junge ist allein geblieben. Er hat hier niemand. Er tut mir leid. Ich will ihm helfen".

2) Der Junge erwiderte: „Ich will nicht nach Deutschland zurück. Meine Verwandten sind Nazis. Sie haben meine Mutter gequält. Sie ist dort gestorben. Ich hasse die Nazis und ihr Land."

3) Luise Meunier berichtete: „Es gibt heute Eier im Geschäft auf dem Marktplatz. Ich habe drei Stunden angestanden und für jedes Familienmitglied ein Ei gekriegt. Jetzt muss ich nach Hause. Ich habe das Essen noch nicht gekocht. Bald коmmen schon die Kinder aus der Schule. Ich habe es eilig".

4) Die Frau erzählte: „Der Knabe ist so groß wie mein ältester Sohn. Er ist auch ähnlich gekleidet, seine Augen sind grau, in seinen Zügen ist nichts Besonderes, was ihn als einen Fremden stempelte".

5) Die Meunier erzählte: „Mein Mann hat ein Kriegsjahr in der Maginotlinie gelegen. Jetzt ist er seit drei Wochen demobilisiert. Vor einer Woche hat sein Betrieb wieder aufgemacht. Man hat ihn auf Halbtagsarbeit gesetzt. Er verbringt den größten Teil der Freizeit in der Wirtschaft, dann коmmt er wütend über sich selbst und die ganze Welt nach Hause".

6) Der Redner führte aus: „Die Aufgaben, die vor euch stehen, sind außerordentlich wichtig. Von euren Leistungen hängt der Erfolg ab. Das Tempo der Arbeit, die Arbeitsproduktivität sind von entscheidender Bedeutung. Im Moment muss man alle Kräfte einsetzen. Man darf keine Zeit verlieren."

7) Die Zeitungen berichteten: „Diesmal beteiligen sich an der Frühjahrsmesse 81 Länder. Sie haben sehr interessante Exponate ausgestellt. Den russischen Pavillon besuchen viele Gäste. Sehr interessant sind die neuen optischen Geräte. Viele russische Exponate hat man mit der Goldmedaille ausgezeichnet".
VIII. Verwandeln Sie die direkte Frage in die indirekte, verwenden Sie dabei den Konjunktiv:
1) Die Frau fragte den Jungen:

„Wie heißt du?" „Wo bist du geboren?" „Wo sind deine Eltern?" Sie fragte weiter: „Gehst du hier zur Schule?" „Willst du zu deinen Verwandten nach Deutschland?"

2) Der Junge fragte die Frau:

„Wo soll ich auf Sie warten?" „Um wieviel Uhr коmmen Sie?" Er fragte auch: „Wo liegt das Café, wie heißt es?" „Was soll ich dem Wirt sagen?"

3) Die Frau fragte den Mann:

„Bist du müde heute?" „Was willst du jetzt machen?" „Hast du viel gearbeitet?"

4) Der Nachbar fragte den Knaben:

„Wohin fährst du?", „Wo wohnst du?" „Wo wohnt deine GroBmutter in Berlin?"

5) Die Betreuerin fragte die Touristen:

„Wohin wollen Sie jetzt gehen?" „Sind Sie nach der Stadtrundfahrt nicht müde?" „Haben Sie den Wunsch, am Abend Auerbachs Keller zu besuchen?"



ABSCHNITT II
Text: Das Obdach
In ihrem Herzen sah sie zum erstenmal klar, was aus dem Mann geworden war, der früher bei jedem Streik, bei jeder Demonstration mitgemacht und sich am 14. Juli stets so betragen hatte, als wollte er ganz allein die Bastille* noch einmal stürmen.

Doch sie hatte keine Zeit darüber nachzudenken. Der Mann war nun einmal ihr Mann, sie war nun einmal die Frau, da war nun einmal der fremde Junge, der jetzt auf sie wartete. Sie lief daher am Abend ins Café und sagte zu dem Kind:

„Ich kann dich erst morgen zu mir nehmen."

Der Knabe sah sie wieder scharf an, er sagte:

„Sie brauchen mich nicht zu nehmen, wenn Sie Angst haben."

Die Frau erwiderte trocken, es handle sich nur darum, einen Tag zu warten. Sie bat die Wirtin, das Kind eine Nacht zu behalten, es sei mit ihr verwandt. An dieser Bitte war nichts Besonderes, da Paris von Flüchtlingen wimmelte.

Am nächsten Tag erklärte sie ihrem Mann:

„Ich habe meine Kusine getroffen, ihr Mann ist in einem Gefangenenlazerett, sie will ihn ein Paar Tage besuchen. Sie hat mich gebeten, ihr Kind solange aufzunehmen".

Der Mann, der Fremde in seinen vier Wänden nicht leiden konnte, sagte:

„Wenn es nicht lange dauert." Sie richtete also für den Knaben eine Matratze. Sie hatte ihn unterwegs gefragt: „Warum willst du eigentlich nicht zurück?" Er hatte geantwortet:

„Sie können mich immer noch hier lassen, wenn Sie Angst haben. Zu meinen Verwandten werde ich doch nicht gehen. Mein Vater und meine Mutter wurden beide von Hitler verhaftet. Sie schrieben und druckten und verteilten Flugblätter. Meine Mutter starb. Sie sehen, mir fehlt ein Vorderzahn. Den hat man mir dort in der Schule ausgeschlagen, weil ich ihr Lied nicht mitsingen wollte. Auch meine Verwandten waren Nazi. Sie quälten mich am meisten. Sie beschimpften Vater und Mutter."

Die Frau hatte ihn darauf nur gebeten zu schweigen, dem Mann gegenüber, den Kindern und den Nachbarn.

Die Kinder konnten den fremden Knaben weder gut noch schlecht leiden. Er hielt sich abseits und lachte nicht. Der Mann konnte den Knaben sofort nicht leiden; er sagte, der Blick des Knaben missfalle ihm. Er schimpfte auf seine Frau, die von der eigenen Ration dem Knaben abgab, er schimpfte auch über die Kusine, die sich um ihr Kind selbst kümmern sollte. Und solche Klagen pflegten bei ihm in Belehrungen überzugehen, der Krieg sei nun einmal verloren, die Deutschen hatten nun einmal das Land besetzt, die hätten aber Disziplin, die verständen sich auf Ordnung. Als einmal der Junge die Milchkanne umstieß, sprang er los und schlug ihn. Die Frau wollte später den Jungen trösten, der aber sagte: „Noch besser hier als dort."

Nach zwei. drei Wochen begab sich die Meunier zu ihrer Freundin Annette. Die war über den Besuch nicht erfreut, bat sie nicht mehr zu коmmen, erzählte, dass die Gestapo geflucht und gedroht habe. Sie habe sogar herausbekommen, in welchem Café der Knabe gewartet habe, auch dass ihn dort eine Frau besucht, dass beide den Ort zu verschiedenen Zeiten verlassen hatten.


* Bastille — lies: [bastilje]

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