1 «Sie kommen von München?» fragte endlich der Polizist mit einer gutmütigen und schwerfälligen Stimme.
2 Tonio Kröger bejahte dies.
3 «Sie reisen nach Kopenhagen?»
4 «Ja, ich bin auf der Reise in ein dänisches Seebad.»
5 «Seebad? – Ja, Sie müssen mal Ihre Papiere vorweisen», sagte der Polizist, indem er das letzte Wort mit besonderer Genugtuung aussprach.
6 «Papiere...» Er hatte keine Papiere. Er zog seine Brieftasche hervor und blickte hinein; aber es befand sich außer einigen Geldscheinen nichts darin als die Korrektur einer Novelle, die er an seinem Reiseziel zu erledigen gedachte. Er verkehrte nicht gern mit Beamten und hatte sich noch niemals einen Pass ausstellen lassen...
7 «Es tut mir Leid», sagte er, «aber ich führe keine Papiere bei mir.»
8 «So?» sagte der Polizist... «Gar keine? – Wie ist Ihr Name?»
9 Tonio Kröger antwortete ihm.
10 «Ist das auch wahr?!» fragte der Polizist, reckte sich auf und öffnete plötzlich seine Nasenlöcher, so weit er konnte...
11 «Vollkommen wahr», antwortete Tonio Kröger.
12 «Was sind Sie denn?»
13 Tonio Kröger schluckte hinunter und nannte mit fester Stimme sein Gewerbe. – Herr Seehaase hob den Kopf und sah neugierig in sein Gesicht empor.
14 «Hm!» sagte der Polizist. «Und Sie geben an, nicht identisch zu sein mit einem Individium namens –» Er sagte «Individium» und buchstabierte dann aus dem buntbeschriebenen Papier einen ganz verzwickten und romantischen Namen zusammen, der aus den Lauten verschiedener Rassen abenteuerlich gemischt erschien und den Tonio Kröger im nächsten Augenblick wieder vergessen hatte. «– Welcher», fuhr er fort, «von unbekannten Eltern und unbestimmter Zuständigkeit wegen verschiedener Betrügereien und anderer Vergehen von der Münchener Polizei verfolgt wird und sich wahrscheinlich auf der Flucht nach Dänemark befindet?»
15 «Ich gebe das nicht nur an», sagte Tonio Kröger und machte eine nervöse Bewegung mit den Schultern. – Dies rief einen gewissen Eindruck hervor.
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